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Vorwürfe – eine wahre Schatzkiste!

Weißt du, was ich meinen Klienten sage, die ihre Beziehung zu anderen Menschen im Beruf oder privat verbessern wollen? Ich sage ihnen: „Schau in deine „Schatzkiste der Vorwürfe“. Dort wirst du DIE Ansatzpunkte finden. Das sind die Hebel, über die du schnell viel bewegen kannst.“ Wie das funktioniert, zeige ich dir gleich.

Ein Vorwurf ist eine Kombination aus 2 Dingen

Ein Vorwurf ist eigentlich eine Kombination aus einem ungesehenen, beleidigten Bedürfnis bei dir und einem Absolutheitsanspruch. Bedürfnis ist klar. Doch was ist ein Absolut…?

Vorwurf = wartendes Bedürfnis + Absolutheitsanspruch

Was ist ein Absolutheitsanspruch?

Ein Absolutheitsanspruch ist eine „Soll-Aussage“. Der andere solle sich gefälligst so oder so verhalten. Und dieser Absolutheitsanspruch verhindert, dass du dein Bedürfnis adressieren kannst. Wäre er nicht da, könntest du z.B. einfach zu deinem Gegenüber sagen „Moment, ich möchte gerne meinen Satz noch zu Ende sprechen.“ Das wäre dann kein Problem. Aber, wenn ein Absolutheitsanspruch darüberliegt, der besagt, dass jeder anständige Mensch seinen Gegenüber auszureden lassen hat. Oder dass Ausreden-Lassen eine Sache von Respekt ist! Dann wird es schwierig, eine Formulierung zu finden, die nicht gleich eine Eskalation nach sich zieht. Und selbst wenn wir eine Formulierung finden, die „gewaltfrei“ ist, so läge auf ihre eine so hohe emotionale Ladung. Also meistens Groll. Und so geht der/die andere reflexartig in den flight-or-fight-Modus und an ein lösungsorientiertes Gespräch ist nicht mehr zu denken.

Also halten sich die meisten von uns zurück und verzichten darauf, für ihr Bedürfnis einzustehen. Stattdessen denken wir dann vorwurfsvoll über den anderen: „Was für ein Egoist!“ oder „Ist der unsensibel!“ usw. Das sind dann die Vorwürfe in uns, die im Laufe der Zeit immer mehr werden und unsere Beziehungen gefährden.

Wie kann ich meine Vorwürfe konstruktiv nutzen?

Also, wenn eine wichtige berufliche oder private Beziehung hakt, dann guck in deine „Schatzkiste der Vorwürfe“. Es macht richtig Spaß, mal über den anderen so richtig herzuziehen, also alle Vorwürfe herauszuholen. Das ist Schritt 1. Notiere dir am besten alle Vorwürfe, die du findest.

Dann kannst du im Schritt 2 einen nach dem anderen in das beleidigte Bedürfnis und den Absolutheitsanspruch zerlegen.

Im dritten Schritt betrachtest du etwas diese Absolutheitsansprüche von dir. Stelle sie in Frage: „Ist es wirklich so wichtig, den anderen immer ausreden zu lassen? Passiert es mir nicht auch manchmal, dass ich den anderen unterbreche?“ So lässt sich die Absolutheit des Anspruchs reduzieren. So wird aus einem Absolutheitsanspruch ein Wert, für den du stehst. Z.B. dass es dir grundsätzlich eher wichtig ist, ausreden zu dürfen und auch andere ausreden zu lassen. Aber dass du auch damit leben kannst, wenn es mal anders ist. Und dass du es dem anderen nicht gleich so übelnimmst, aber dennoch für dich einstehst.

Und was ist mit dem ungesehenen Bedürfnis?

Das ist der zweite wichtige Punkt, dass du etwas für dein beleidigtes oder wartendes Bedürfnis tust. Also beim nächsten Gespräch die Gelegenheit nutzt, zu monieren, wenn jemand dich unterbricht. Oder in manchen Fällen ein klärendes Gespräch mit der Person suchst, um dich mit deinen Bedürfnissen sichtbar zu machen. Sodass ihr gemeinsam auf Augenhöhe nach Lösungen suchen könnt.

Ich hatte hierzu einmal ein richtiges AHA-Erlebnis: Ein Kollege von mir unterbrach mich und andere immer wieder im Teammeeting. Ich ging auf ihn, nachdem ich mich innerlich schon ein paar Mal geärgert hatte, zu und wir sprachen darüber. Da erfuhr ich, dass es für ihn eher ein gutes Zeichen ist, wenn sich die Menschen in Gesprächen gegenseitig unterbrechen. Denn das zeige, dass viel positive Energie da sei, dass das Thema interessant sei und dass die Teilnehmer viele Ideen dazu bekommen. In seinem kulturellen Background würde das so verstanden werden. Nach unserem Gespräch hatten wir beide mehr verstanden. Er, dass er mit dieser Gewohnheit in unserem Meeting vielleicht Ärger auf sich zieht. Und ich, dass ich sein Verhalten nicht als Ausdruck von mangelnder Wertschätzung zu betrachten brauche.

Zufriedener Handshake im Business-Setting nach dem Auflösen von Vorwürfen
Foto von Sora Shimazaki von Pexels

TIPP: Ein Bedürfnis auf Augenhöhe zu kommunizieren, heißt dein Bedürfnis sichtbar zu machen und offen für das WIE zu sein! Wenn du auf ein WIE fixiert bist, wird aus dem Bedürfnis eine Forderung. Und das führt meist zu Widerstand bei deinem Gegenüber.

Du wirst sehen. Mit etwas Übung gelingt es dir und macht deine Beziehungen wieder smoother. Ich wünsche dir viel Erfolg dabei! Gerne kannst du mir auch in den Kommentaren über deine Erfahrungen mit dieser Praxis berichten. Ich antworte auch auf Fragen.

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